Der Ansatz von „Empathie macht Schule“ wird kontinuierlich seit 1979 von Helle Jensen vor dem Hintergrund umfangreicher Erfahrungen mit der Arbeit an Schulen, mit Kindern und Familien entwickelt. Er basiert auf der Arbeit von Jesper Juul und der dänischen Initiative Børns Livskundskab (Lebensweisheit der Kinder), die unter anderem beratend für die Agenda 2030 der UNO tätig ist.
Der Fokus lag zunächst auf der Arbeit in dänischen Grundschulen. Durch die Beobachtung von Kindern mit sozio-emotionalen Herausforderungen und die Beratung von Lehrern offenbarte sich schnell: Beziehungen spielen eine zentrale Rolle für die Entwicklung und das Lernen. Besonders die Fähigkeit der Lehrkraft, Kindern mit Empathie, Respekt und Interesse zu begegnen, erwies sich als entscheidend. Mit Unterstützung systemischer und entwicklungspsychologischer Theorien verlagerten sich die Perspektiven von der rein kindzentrierten Betrachtung hin zur Beziehung als Schlüssel für konstruktive Entwicklungen.
Definition und Entwicklung von Beziehungskompetenz
Auf Basis dieser Erkenntnisse formulierten Jesper Juul und Helle Jensen das Konzept der Beziehungskompetenz, das die Verantwortung der Lehrkraft für die Qualität der asymmetrischen Beziehung zu den Schüler:innen hervorhebt. Dabei sind Authentizität, Empathie und der respektvolle Umgang zentrale Elemente. Parallel entstand das Konzept der „professionellen“ Persönlichkeit. Dieses betont, dass sowohl die Fachlichkeit als auch die Persönlichkeit der Lehrkraft entscheidend für erfolgreiche Beziehungen sind. Die Schulungen setzen deshalb auf dialogische Ansätze und Prinzipien, die Fachkräfte in ihren eigenen Lernprozessen unterstützen und ein empathisches Umfeld schaffen sollten, das sie später im Klassenzimmer umsetzen.
Erweiterung und Forschung
Ab 2006 wurde das Programm durch Erkenntnisse aus spirituellen Traditionen ergänzt, die Empathie, Präsenz und Mitgefühl durch Atem-, Körper- und Achtsamkeitsübungen fördern. Hierbei bilden diese fünf natürlichen Kompetenzen ein weiteres zentrales Element der Arbeit: Körper, Atem, Herz, Bewusstsein und Kreativität.
Empathie macht Schule breitete sich von Dänemark aus nach Europa aus, unterstützt durch Bücher, Übersetzungen und Forschungsprojekte. Seit 2007 wird die Arbeit durch wissenschaftliche Studien begleitet, die unter anderem in der Lehrerausbildung in Aarhus und im Erasmus+ Projekt „Hand in Hand“ umgesetzt wurden. Bis heute ist Empathie macht Schule eng mit aktuellen Forschungen verknüpft, um die Ansätze weiterzuentwickeln und nachhaltig in Bildungssystemen zu verankern.
Hier ist eine Zeitleiste, die die Entwicklung und die wesentlichen Meilensteine des Programms “Empathie macht Schule” zusammenfasst. Sie zeigt die kontinuierliche Entwicklung des Programms, von praktischen Erfahrungen in Schulen über theoretische Fundierungen bis hin zur internationalen Verbreitung und laufender Forschung.
1979
Beginn der praktischen Arbeit von Helle Jensen als klinische Psychologin in der dänischen Grundschule mit Fokus auf die Untersuchung von Kindern mit sozial-emotionalen Herausforderungen und Beratung der Lehrkräfte.
Erkenntnis: Die Qualität der Beziehung zwischen Lehrkraft und Schüler ist entscheidend für Lernen und Entwicklung. Die Fähigkeit der Lehrkraft, insbesondere herausfordernden Kindern mit Respekt, Gleichwürdigkeit, Anerkennung, Empathie und Interesse zu begegnen, war – ebenso wie für alle anderen Kinder in der Klasse – wichtig für ihre Lern- und Entwicklungschancen.
1980er
Entwicklung systemischer und relationaler Ansätze in der Psychologie (z. B. Løvlie Schibbye, Bae & Waastad).
Paradigmenwechsel in der Entwicklungspsychologie: Kinder werden von Geburt an als soziale und interagierende Individuen gesehen (z. B. Stern, Brodén, Sommer).
Frühe 1990er
Basierend auf den gesammelten Erfahrungen, Beginn der modularen Unterrichtsprogramme und Untersuchung und Beschreibung asymmetrischer Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern. Sprache und Dialog dienen dabei als Ausgangspunkt, mit dem gearbeitet wird.
Gemeinsam mit Jesper Juul entsteht die Definition von Beziehungskompetenz: „Die Fähigkeit der Fachkraft, das einzelne Kind in seiner eigenen Art und Weise zu „sehen“ und ihr Verhalten entsprechend anzupassen, ohne die Führung aufzugeben, sowie die Fähigkeit, im Kontakt mit dem Kind authentisch zu sein.“
2002
Helle Jensen und Jesper Juul veröffentlichen das Buch „Vom Gehorsam zur Verantwortung: Für eine neue Erziehungskultur“, das in viele Sprachen übersetzt wird und den Paradigmenwechsel in Europa verbreitet.
Ab 2006
Die allgegenwärtige Digitalisierung macht es notwendig, Wege und Methoden zu finden, um, zusätzlich zu Sprache und Dialog, mit den inneren Ressourcen in Verbindung zu bleiben.
Die dänische Gesellschaft zur Förderung der Lebensweisheit bei Kindern (Børns Livskundskab), der der Meditationslehrer Dr. Phil Jes Bertelsen angehört, findet
bei den großen spirituellen Traditionen Methoden, die außerhalb der Ideologie der einzelnen Tradition liegen. Daher in der allgemeinen Bildung verwendet werden können. Er entwickelt das Konzept des Pentagramms, das dem Schulentwicklungsprogramm Empathie macht Schule zu Grunde liegt.
Integration von Wissen aus spirituellen Traditionen in die Modularen Programme, um Empathie, Mitgefühl und Präsenz zu stärken.
– Einführung der Pentagramm-Übungen, basierend auf dem Konzept von Jes Bertelsen und den fünf natürlichen Kompetenzen mit uns selbst und der Umwelt in Beziehung zu gehen: Körper, Atem, Herz, Bewusstsein und Kreativität.
2007
Beginn der Forschungszusammenarbeit mit der Dänischen Universität für Bildung.
2012 – 2016
Durchführung des Programms in der Lehrerbildung in Aarhus, Dänemark.
2019 – 2020
Beteiligung am EU-Erasmus+ Projekt: Hand in Hand, mit dem Fokus auf die soziale und emotionale Bildung.
2020er
Fortlaufende Forschung und Implementierung des Programms in Berlin und anderen europäischen Ländern.