27. September 2023 | johanna etzold

100 verschiedene Möglichkeiten Espresso zu machen

Die Ferienzeit liegt schon ein paar Wochen hinter uns. Ein guter Moment einmal Espresso zu machen. Denn um mit anderen Menschen bis zu den kommenden Ferien gut in Beziehung gehen zu können, ist es wichtig, zu sich selbst einen guten Kontakt zu haben und einen Zugang zu seinen natürlichen Kompetenzen zu spüren – dem Atem, dem Körper, dem Herz, dem Bewusstsein und der Kreativität. 

Mit mir in Kontakt sein bedeutet dann, wahrzunehmen, wie sich der Atem verändert, wenn es mir in der Klasse zu laut wird und alle durcheinander reden. Wie mein Körper reagiert, wenn ich eine unangenehme Nachricht bekomme. Sich mein Mitgefühl verändert, wenn jemand etwas tut, was mir nicht gefällt und mein Bewusstsein seinen Fokus verliert. Wenn ich unter Druck bin und ich in einer Situation, keine Idee mehr habe.

Es ist wichtig, „in Friedenszeiten zu üben“, sagt Helle Jensen, die Projektleiterin von Empathie macht Schule. Das heißt, dass ich die Aufmerksamkeit immer wieder auf die natürlichen Kompetenzen lenke und sie bewusst wahrnehme, wenn ich entspannt bin.

Espresso ist eine Übung, die wir mit den Teilnehmer*innen von Empathie macht Schule immer wieder anwenden. Eine meiner Schülerinnen hat sie in Kaffeeklatsch umbenannt, was ich sehr passend finde, denn wir klatschen Arme, Oberkörper, Rücken und Oberschenkel ab. Erst sechsmal, dann fünfmal, viermal, dreimal, zweimal, einmal und am Schluss der jeweiligen Sequenz ist der Sprung mit beiden Beinen. Beim Landen strecken alle die Arme nach vorn, auch die Handflächen zeigen nach vorn und gleichzeitig mit der Landung kommt von allen ein kräftiger Ausruf auf die Silbe HHAA!!!.

Im Laufe der letzten Jahre habe ich diese kleine Übung in unzähligen Varianten erlebt. Einige Personen haben siebenmal gezählt und am Ende in die Hände gelatscht, andere haben mit dem Klatschen bei den beinen angefangen und mir den Armen aufgehört. Wenn ich heute daran denke,  wie ich diese Übungen das erste Mal gemacht habe, muss ich schmunzeln. Ich habe sie mir ganz genau einprägen wollen, um sie dann ja in der vorgemachten Reihenfolge weitergeben zu können. Ich wollte es richtig machen, richtig anleiten und richtig durchführen.

Mit der  Zeit habe ich verstanden, dass es gar nicht der genaue Ablauf ist, der relevant ist. Und auch nicht die vorgegeben Worte. Vielmehr der Spaß daran, dass alle zusammen den Körper, den Bewegungsablauf, die Stimme, und das eigene Sein in die Arbeit einzubeziehen. Mich zu spüren, im Hier und Jetzt in Kontakt zu mir kommen, denn der Körper ist immer in der Gegenwart – nicht in der Vergangenheit und auch nicht in der Zukunft, wie wir es oft mit unseren Gedanken sind.

Nachdem der Espresso gewirkt hat, egal in welcher Reihenfolge ausgeführt, kann ich mich viel leichter spüren und habe einen leichteren Zugang zu meiner Atmung, kann den Unterschied zwischen Bewegung und Ruhe wahrnehmen.

Und nun bin ich auf all die verschiedenen Varianten des Kaffeeklatschs gespannt, die ich noch kennenlernen werde.

portrait Johanna Etzold

Johanna Etzold
Lernbegleiterin, Psychologin und Mutter von drei Kindern
Vermittlungsteam von Empathie macht Schule

Titelphoto:privat