3. März 2022 | johanna etzold

„Da hab ich echt keinen Bock drauf!“

Die Übungen für sich alleine zu machen oder mit einer Gruppe, die einfach mit macht, ist wie der Himmel auf Erden. Was aber tun, wenn es von einigen „Buhrufe“ gibt, anstatt „Applaus“? 

Seit dem ich bei Empathie macht Schule als Referentin tätig bin, habe ich die Achtsamkeitsübungen viel häufiger in mein Arbeitsleben eingebaut. Dadurch hat sich mein Erleben in der Schule verändert. Selten habe ich Kopfschmerzen, wenn ich nach Hause komme. Ich habe mehr Energie und bin entspannter.

Es tut mir gut, mehrmals am Tag meinen Atem zu spüren und somit immer wieder kleine Pausen zu machen. Von den Kindern bekomme ich die Rückmeldung, sie können sich nach diesen Übungen besser konzentrieren und es tut ihnen gut, den Körper mal ganz runterzufahren. In dem Moment der gemeinsamen Entspannung spüre ich eine Verbundenheit in der Klasse, wie ich mir das Paradis vorstelle.

Aber natürlich gibt es auch andere Stimme unter meinen Schüler*innen. Einige wollen die Übungen nicht machen, sagen: „Da hab ich echt kein Bock drauf!“  Und aus dem Paradies wird eine Geisterbahn. Denn dann höre ich auch eine andere Stimme in mir. „Wenn einer nicht mitmacht, dann werden sich die anderen anstecken lassen.“ „Ich will so gern hilfreich für alle sein.“ „Ich brauche Ruhe, um die Übungen anleiten zu können.“

Wenn wir die Übungen mit den Kolleg:innen beim Empathie-Projekt anleiten, geht es immer um Freiwilligkeit. Und auch um die Auseinandersetzung mit meinem eigenen Anspruch.

Was kann ich also machen? Wie kann ich auch denen, die diese Übungen nicht mitmachen wollen, mit Achtsamkeit und Empathie begegnen? Genauso wie für die Kollg:innen will ich es für die Kinder halten: Die Übungen sind eine Einladung. Und ich habe für mich klar, was ich brauche, um gut anleiten zu können: Ich brauche dafür Ruhe. Die Grundlage hierfür ist das Gespräch, mein Zuhören und Verständnis für die Sicht des Kindes. 

Ich habe begonnen, die Kinder zu fragen, was sie daran hindert die Übungen zu machen, anstatt warum sie in den Widerstand gehen. Und es kamen ganz unterschiedliche Gründe, wie: Angst davor einzuschlafen oder ein grusliger Filme, der einem Jungen immer wieder einfällt, wenn er die Augen zumacht und seinem Atem lauschen soll. Mit diesem Wissen kann ich ruhiger annehmen, dass sie nicht mitmachen wollen. Manchmal biete ich einem Kind an, den Raum zu verlassen oder einfach an seinem Platz zu sitzen.

portrait Johanna Etzold

Johanna Etzold
Lernbegleiterin, Psychologin und Mutter von drei Kindern
Vermittlungsteam von Empathie macht Schule

Titelphoto:privat