In einigen Regionen wird Fasching gefeiert, um den Winter aus dem Dorf zu jagen und den Frühling Willkommen zu heißen. Oder einfach nur aus Spaß am Verkleiden und Feiern. Ich verkleide mich sehr gern, schlüpfe mit großer Begeisterung in eine andere Rolle. Ich erlebe, dass es für viele Kinder ein wichtiges Fest ist und sie sich schon Wochen vorher überlegen, welches Kostüm sie anziehen wollen. Und ich freue mich, dass wir in diesem Jahr in der Schule wieder Fasching feiern konnten. Auch die Kinder, die sich nicht verkleiden wollten, waren dabei und haben mitgefeiert. Einen Pfannkuchen mit Senf hat es gegeben. Und Disko und Stuhltanz!
Was ich bei den Vorbereitungen herausgefunden habe, ist, dass ich auch beim Rollenspiel, das ich mit meinen Kolleg*innen oft nutze, in die Haut meines Gegenübers schlüpfe. Dann bin ich für sie mal ein Elternteil oder mal ein Kind und kann erleben, wie die Ansprache der Lehrer*innen auf mich wirkt. Oder ich bin die Lehrerin und bekomme von meinen Spielpartner*innen eine direkte Rückmeldung über meine Gesprächsführung. Auch wenn das ein bisschen um die Ecke gedacht ist, erinnert mich das an Fasching.
Besonders um mich auf herausfordernde Gespräche vorzubereiten oder das Verhalten eines Kindes zu verstehen, ist es hilfreich für mich, mich auf diese Weise in mein Gegenüber hineinzuversetzen. Beim Rollenspiel kann ich zukünftige Begegnungen üben. Ich kann überprüfen, ob das, was ich sage, so ankommt, wie ich es meine und mich durch die Rückmeldung meiner Spielpartner:innen korrigieren. Immer wieder bin ich verblüfft, wie gut das funktioniert. Mit diesen kurzen Rollenspielen geht das sehr schnell und ist sehr wirksam.
Beispielsweise habe ich erlebt, wie es ist, die Mutter eines herausforderndes Kindes zu spielen. Oder ich habe gehört, welche Gedanken ein Vater hat, wenn er von der Lehrerin zu einem Gespräch eingeladen wird und es dabei um das störende Verhalten seines Sohnes geht. Ich bekomme gespiegelt, wie meine Ansprache als Lehrerin wirkt. In der Rolle der Mutter habe ich bemerkt, wie es wirkt, wenn die Lehrerin über das Kind spricht, es beispielsweise als schwierig bezeichnet. Ich fühle mich angegriffen und reagiere verletzt. In der Rolle der Lehrerin meldet mir eine „Mutter“ zurück, dass ich viel zu viel rede und nicht zum Punkt komme.
Ein Kollege hat neulich einen Schüler gespielt, der bei einem Streit mit einem anderen Schüler sehr wütend und außer sich war. In dieser Situation ist er von einem Lehrer angesprochen worden. In der Rolle des Jungen konnte er sagen, wie wichtig es war, dass er nicht alleine war, dass der Lehrer jedoch Abstand gehalten hat und einfach nur da war. Ohne ihm Ratschläge zu geben, über die Situation zu reden oder ihn trösten zu wollen. Damit ist er dem Schüler beim nächsten Mal viel entspannter begegnet.
Zurück zum Fasching: Im Kollegium war in diesem Jahr das Motto uns als Lehrer*innen von Hogwarts zu verkleiden, der Schule für Zauberei und Hexerei von Harry Potter. Und dabei haben wir neben all den Gesprächen dazu festgestellt, wie gut es uns tut zu feiern. UND: Sybill Trelawney war auch dabei und hat uns vorhergesagt, dass das Frühjahr kommt…
Johanna Etzold
Lernbegleiterin, Psychologin und Mutter von drei Kindern
Vermittlungsteam von Empathie macht Schule