Nach den Zeugnissen ist vor den Zeugnissen und die Frage, „Hab ich das schön gemacht?“, lässt bestimmt nicht lange auf sich warten.
Was sage ich, wenn mir die Kinder ihre Bilder im Kunstunterricht entgegen halten und fragen: „Hab ich das schön gemacht?“ Um dieses Thema ging es neulich in einer Supervision mit Pädagog*innen: Wie kann ich eine Rückmeldung geben, ohne zu loben, ohne zu bewerten?
Das Thema ist mir sehr wichtig und ich merke, wie schwer es mir fällt, darüber zu schreiben, wenn es um Schule geht. Manchmal macht es auf mich den Eindruck, dass Zensuren und Bewertungen in der Schule eine Art Gerüst darstellen. Gelernt wird für die Noten. Und viele Schüler*innen berichten davon, dass das Schreiben von Arbeiten Angst und Druck auslöst.
Und ja, Rückmeldung geben ist wichtig.
Und das kann auch ganz einfach sein: „Das kannst du schon und das musst du noch lernen.“ Denn darum geht es in der Schule ja: sein Wissen zu erweitern, Neues zu lernen. Da ist es gut, wenn Kinder wissen, was sie können und was sie noch machen müssen.
Neben eben dieser Beurteilung des Bildes gibt es noch die anerkennende Kommunikation. Mir gefällt das Beispiel, das Jesper Juul dazu gibt. Ein Kind sitzt oben auf der Rutsche und winkt seinen Eltern. Dann können sie antworten: Ich seh dich, jetzt willst du rutschen. Das macht bestimmt Spaß, oder? Kinder wollen gesehen und nicht gelobt werden.
Bewertungen und Lob – ein Das hast du gut gemacht – können dazu führen, dass ich mich durch die Augen anderer sehe, statt darauf zu achten, wie ich mein Bild finde, ob ich damit zufrieden bin, ob es mir Spaß gemacht hat, zu malen. Und wenn ich mich selber nicht einschätzen kann, dann bin ich auf das Urteil anderer angewiesen und frage immer wieder nach, ob ich es gut gemacht habe.
Wenn wir also im Kunstunterricht ein Bild mit der Frage: „Hab ich das schön gemacht?“gezeigt bekommen, können wir eine Rückmeldung geben, indem wir beschreiben, was wir siehen. Wir können überlegen, ob es etwas gibt, was in Bezug zur Aufgabenstellung noch fehlt. Oder wir können eine ehrliche, persönliche Rückmeldung geben: „Mir gefällt das Bild“, oder: „Mir persönlich sind die Farben zu hell oder zu dunkel.“ Und wir können das Kind ermuntern seine Arbeit zu reflektieren, indem wir fragen, ob es mit seiner Arbeit zufrieden ist? Wir können in den Austausch gehen, wie es das Bild gemalt hat und uns für den Prozess interessieren.
Johanna Etzold
Lernbegleiterin, Psychologin und Mutter von drei Kindern
Vermittlungsteam von Empathie macht Schule
Titelphoto:privat