Mein großer Wunsch ist es, die gewaltfreie Kommunikation im Umgang mit schwierigen Kindern einzusetzen. Ich bin Lehrer an einer Brennpunktschule, der Brüder-Grimm-Grundschule in Berlin (Wedding), habe Erfahrung mit Meditation und werde im Schulalltag oft von plötzlichen Gewaltausbrüchen und der Geschwindigkeit, mit der das passiert, überwältigt. Nach so einem Vorfall bin ich meistens selbst total erschöpft.
In der Woche nach dem ersten Weiterbildungsmodul von „Empathie macht Schule“ hatte ich an einem Freitagnachmittag eine Doppelstunde Musik in einer 5. Klasse, direkt nach einer 40-minütigen Pause. Da ist es häufig unruhig, die Kinder bringen oft Streitigkeiten aus der Pause mit in den Unterricht. Mit Beginn der Stunde ging dann auch sofort eine Schlägerei los – einer der Jungen schlug einen anderen.
Normalerweise greife ich sofort ein! Solche Schlägereien beginnen oft ohne Vorwarnung, ohne dass ich mich auf die Situation einstellen kann und ohne dass ich mir Zeit nehmen könnte, um auf mich selbst zu achten. Im ersten Weiterbildungsmodul ist mir jedoch klar geworden, dass ich genau das tun muss – mir kurz Zeit nehmen! Ein paar Sekunden warten, zumindest, wenn die Kinder nicht gerade am Abgrund stehen. Ein paar Sekunden, um zu spüren, was in meinem eigenen Körper vorgeht, bevor ich eingreife.
An diesem Freitag habe mir diese Zeit genommen. Ich konnte danach ganz ruhig zu dem schlagenden Jungen gehen (das ist mir sonst sehr schwer gefallen). Ich habe den Jungen, weil er immer weiter schlug, leicht von hinten um die Brust umarmt (ich habe also durchaus körperlich interveniert), aber ich blieb dabei ruhig, habe ruhig mit ihm gesprochen und ihn ruhig und vorsichtig vor die Tür geführt.
Ich musste natürlich gleichzeitig noch organisieren, dass in dieser Zeit jemand auf die Klasse schaut (das hat eine Kollegin von mir übernommen). Trotzdem ist es mir gelungen, beide im Blick zu behalten: den Schüler – und mich.
Normalerweise bin ich nach solchen Situationen wie gesagt sehr erschöpft, irgendwie von mir selbst entfernt. Das war dieses Mal anders. Und genau das wünsche ich mir: Alternative Wege, eine alternative Handlungsweise, um mit Kindern – gerade an einer Schule, an der viele Kinder nicht gewaltfrei groß werden und als schwierig gelten – selbst gewaltfrei umgehen zu können; ihnen etwas beizubringen, für Ruhe und eine entspannte Lernatmosphäre sorgen zu können, nach der sich ja am Ende alle sehnen. Und all das, ohne selbst zu autoritären Methoden greifen zu müssen.
Dieser Erfahrungsbericht beruht auf einem Telefoninterview, aufgezeichnet und redigiert von Hella Dietz. Titelfoto von privat.