7. Dezember 2023 | empathie macht schule

Vertrauen bedeutet für uns: Zu sprechen

Die stellvertretende Schulleiterin Annika Waldschmidt (re.) an der Sachsenwald Grundschule über ihre Erfahrungen mit den Kolleg:innen im Fish-Bowl Setting

Die Idee, die Fishbowl-Methode an unserer Schule auszuprobieren, ist letztes Jahr in Dänemark entstanden. Wir waren dort, um uns anzusehen, wie das Thema Empathietraining in den dänischen Schulen und der Lehrer:innenausbildung implementiert wird. 

Die Projektleiterinnen, Helle Jensen und Christine Ordnung, hatten uns bei dieser Reise von einem Traum erzählt, den sie in sich trugen: „Wir würden gerne mal in strukturierter Form, der Fishbowl Methode, probieren, euch, die Schulleitung, mit dem Personal zusammen in einen offenen Austausch über die Werte zu bringen, die ihr für die Schule verfolgt. Zu hören, wo und wann wird es auch mal schwer?“ 

Allen, denen ich davon erzählt habe, haben gesagt: „Ihr seid ihr verrückt, ihr werdet da auseinander genommen…ihr seid danach am Boden….was, wenn da was kommt, was euch verletzt?“ Ich hatte jedenfalls schon ein bisschen Manschetten. Und dachte: „Oh Mann, kann ich das alles so mitnehmen?“ Helle und Christine haben uns dafür angeboten, dass sie hinterher noch da bleiben, falls das so sein sollte. 

An dem Tag, als das Treffen stattgefunden hat, waren wir freudig aufgeregt. Für uns war das das erste Mal in unserer Arbeitszeit, dass wir offen mit den Kolleg:innen über unsere Werte gesprochen haben. Und auch die Reaktionen von ihnen darauf zu hören. Hören die Kolleg:innen da etwas ganz Neues? Wo sehen sie bei unserer Arbeit und unseren Werten Schwierigkeiten? Und: Hoffentlich machen wir das auch so! Bin ich wirklich so verlässlich und transparent, wie ich denke? 

Zuerst waren Konny, die Schulleiterin und ich mit Helle in der Mitte eines Stuhlkreises, wo Helle die Idee allen vorgestellt hat, die um uns herumsaßen. Wir waren sozusagen im Innenkreis die Fische, die von außen betrachtet werden konnten. Dort haben wir mit ihr in einem lockeren Gespräch vielleicht zwanzig Minuten lang von unseren Werten als Schulleiterinnen erzählt. Im Anschluss daran gab es dann für alle Zuhörenden die Gelegenheit sich Ohr an Ohr darüber auszutauschen: Was haben sie gehört und bei sich wahrgenommen? Haben sie etwas Neues gehört? 

Nach einem weiteren Austausch in größeren Gruppen, wurden noch drei zusätzliche Stühle in die Mitte des Stuhlkreises gestellt. Dort sollten diejenigen Platz nehmen, die etwas von dem teilen wollten, worüber sie sich mit den Kolleg:innen ausgetauscht hatten. Ich war so gespannt: Was wird gesagt? Kann ich es annehmen ohne rechtfertigend darauf zu reagieren? 

Und dann saß da plötzlich jemand. Das war das Allertollste, das hat gar nicht lange gedauert. Und das Allerschönste war, wie die Kolleginnen reflektiert haben. Wie wertschätzend sie sich uns gegenüber ausgedrückt haben. Ich bekomme jetzt schon wieder Gänsehaut, wenn ich daran denke. Dass sie sich wirklich getraut haben auszusprechen, was für sie im Umgang mit uns schwierig ist, das hat mich wirklich tief beeindruckt. Und die Art, wie sie das gesagt haben, hat hundertprozentig damit was zu tun, was wir durch Empathie macht Schule gelernt haben. Das war wie eine warme Dusche. Wir konnten das so leicht nehmen, weil die Art zu sprechen so klar war und präzise war und nicht bewertend oder von oben herab. Ein Beispiel ist: Wir hatten gesagt, dass uns wichtig ist, dass wir eine Struktur geben, dass wir transparent sind und dass wir von dem Kollegium auf das Vertrauen hoffen, dass wir das große Schiff schon lenken. Und wenn dann manchmal so Schulentwicklung-Schnellboote vorbei kommen, dass wir die an Bord bitten, wenn sie uns gut gefallen. Die Kolleginnen sagten uns dann, dass sie das prinzipiell gut finden, ihnen das aber manchmal zu viel oder zu schnell ist, weil sie auch Pläne für ihren Schulalltag haben. Dann möchten sie nicht noch ein und noch ein Projekt. Sie sagten, dass sie motiviert sind und sich gerne engagieren und dass, sie nicht noch zusätzlich motiviert werden müssen. Ich bin so froh, dass wir diesen Schritt gemacht haben, dass die Kolleginnen jetzt häufiger dieses Vertrauen haben, dass sie aussprechen dürfen, was sie zu sagen haben.

Diese gegenseitige Wertschätzung erlebt zu haben, trägt uns noch heute. Im Kontakt mit uns und untereinander, mit den Schülerinnen und den Eltern. Wir sind so richtig stolz auf uns alle.

Diese Art zu arbeiten, sich gegenseitig zu reflektieren, gibt es nicht in der Lehrer:innen Ausbildung. Auch jetzt bei der Schulleitungsausbildung, die ich gerade gemacht habe. Da wird zwar gesagt, dass es gut ist Supervision als Schulleitung zu haben, aber nicht in diesem Format. Dank Empathie macht Schule sind wir in dieser Hinsicht kleine Schritte gegangen und auch große- die Herausforderung ist jetzt, diese weiter im Schulalltag zu implementieren. Diese wollen wir gerne annehmen. 

Zum Schluß möchte ich allen Kolleg:innen in und um Berlin Mut machen, Formate, wie die Fischbowl mit der empathischen Begleitung vom Empathie macht Schule Team auch zu nutzen, wenn sich ihnen diese Chance bietet. Auch wenn es schön wäre, wenn wir das selber könnten. Vielleicht können wir das auch eines Tages. Wir sind ja in unserer Supervision in den letzten vier Jahren auch ein ganzes Stück weiter gekommen. Aber bis es soweit ist, braucht es meiner Meinung nach eine Moderation von außen.