14. November 2023 | empathie macht schule

Wir werden nicht nur Etwas, sondern auch Jemand

Am Ende seines vierten Semesters der Lehrer:innen Ausbildung an der VIA Universität in Aarhus, war Daniel Wilhelm Olson sieben Wochen Praktikant an der Grundschule am Gutspark. Von denen erzählt er hier ein paar Eindrücke.

Auf Empathie macht Schule bin ich wegen der Praktikas aufmerksam geworden, die ich mehrmals im Rahmen des Studiums mache. Und als die Schulleiterin Astrid Blaß von der Grundschule am Gutspark letztes Jahr hier in Aarhus war, hatte sie Praktikumsplätze angeboten. Über Empathie macht Schule wusste ich nicht viel, aber das, was ich gehört habe, hat mich sofort angesprochen. Also habe mich bei ihr an der Schule beworben und sie dann in Berlin kennengelernt.

Vor meinem Studium war ich Fussballtrainer für Kinder und das war richtig cool. Ich finde es sehr wichtig für andere Menschen etwas zu tun und ein Vorbild zu sein. Und weil ich gerne mit Kindern arbeite, will ich Lehrer werden.

Als ich in Berlin angekommen bin, hatte ich mir drei Ziele gesetzt: Mein Deutsch zu verbessern, etwas über das deutsche Schulwesen zu lernen und auch etwas über die deutsche Kultur zu erfahren.

Ich habe mit vier anderen Studierenden aus Dänemark in Moabit in einer WG gewohnt und uns ist dabei aufgefallen, dass wir dem deutschen Schulsystem gegenüber Vorurteile hatten. Disziplin, Noten geben, dachten wir, ist so anders als bei uns. Aber wir haben dann festgestellt: Es ist anders. Aber nicht so anders. Das war schön. Diese Ähnlichkeiten und die Unterschiede festzustellen. 

Ein Unterschied ist schon das ganze Testen und die Zensuren und wie das Curriculum zusammengestellt wird. Wir machen das schon auch in Dänemark, also auf das Testen und die Zensuren, aber darauf liegt kein so großer Fokus. Beim Curriculum unterscheidet sich Dänemark von Deutschland bei der Verantwortung für die Planung für den Unterricht. Für die Vermittlung vom Stoff müssen wir hier in Dänemark das ganze Material selber recherchieren und zusammenstellen und in Deutschland wird einem das gestellt. Es gibt ein Arbeitsbuch und diese Aufgabe und das wird dann gemacht. Man kann natürlich etwas anpassen. Aber es war schon gut, dass wir das in Deutschland zur Verfügung gestellt bekommen haben. Ich weiß noch nicht genau, was ich besser finde. Aber für eine 7. oder 8. Klasse den gesamten Stoff zusammen zustellen, auch wenn das Spaß macht, ist doch ganz schön viel Arbeit. It takes a lot, aber es ist dann auch up to date. Wenn einem das ganze Arbeitsmaterial bereit gestellt wird, ist es schon entspannter. Vielleicht ist es am Ende eine Mischung aus beidem, der goldenen Mittelweg. 

Mein Aha-Erlebnis war, dass die Beziehungen zu allen, die an Schule beteiligt sind, so wichtig sind. Nicht nur die Beziehung zu den Schüler:innen und den Kolleg:innen, sondern auch zu den Eltern und dem Hausmeister. Der kollegiale Austausch zu Problemen oder Schwierigkeiten mit den Werten von EMS Gleichwürdigkeit, Anerkennung, Mitgefühl und Empathie war dafür einfach toll. Aber auch, dass alle „Guten Morgen“ sagen und alle fragen: „Wie war dein Wochenende?“ Das war sehr schön. Und als ich eine Präsentation meiner Arbeit an der Schule im Kollegium gemacht habe, haben alle hinterher anerkennend auf den Tisch geklopft. Die Kolleg:innen machen sogar gemeinsam einen Stammtisch. Das kannte ich nicht. Dieses Gemeinschaftsgefühl habe ich immer mit in den Klassenraum genommen. Ich wusste, ich bin nicht alleine. Und das überträgt sich in den Klassenraum. 

Als Lehrer müssen wir aus meiner Sicht die Schüler:innen als Menschen bilden und ausbilden. Wir haben fachliche Aufgaben, die wir vermitteln müssen, aber wir müssen auch als Dialogpartner:innen für sie da sein. 

Deshalb ist Empathie für mich ein wichtiger Teil meiner Unterrichtsgestaltung. Wenn ich mich in die Situation einer der Schüler:innen hinein versetzen kann, kann ich viel besser mit ihnen arbeiten. Und wenn man empathisch und ruhig ist, sind alle anderen auch ruhig. Die eigene Ruhe wird einem von den Schüler:innen sofort gespiegelt.

Meine Lieblingsübung ist der Morgenkreis, wenn ich Bilder mit Tieren oder Landschaften auf den Boden lege. Die haben wir auch schon im ersten Semester in der Lehrerausbildung gemacht. Das können zum Beispiel aber auch Karten eines Memory Spiels sein. Jeder nimmt sich dann eine der Karten in die Hand und sagt etwas dazu. Man sagt nicht sehr viel, aber dann doch sehr viel von sich. Und am Ende der Runde weiß jede:r, wie alle Beteiligten gerade da sind. Danach kann ich gut anfangen zu arbeiten. 

Mit nach Hause habe ich genommen, wie wichtig beide Anteile von Schule sind, Bildung und Ausbildung. Wir werden als Lehrer:innen und Schüler:innen nicht nur Etwas sondern auch Jemand. Und: dass in Deutschland die Supermärkte sonntags geschlossen sind. Das wusste ich nicht.