Im ersten so genannten „Lockdown“ konnte ich mich noch davor drücken: vor dem Online-Unterricht. Nun wird es ernst. Ab Montag wollen und sollen wir mit den Kindern via Computer Unterricht machen.
Vor den Ferien habe ich mit meinen Schülern einen Probedurchlauf gemacht: Ich habe unsere Weihnachtsgeschichte weitergelesen. Das war also noch ganz angenehm, da ich keine Inhalte vermitteln musste und die Geschichte spannend und witzig war. Eine Stunde haben wir uns täglich virtuell getroffen. Und nach drei Tagen musste ich feststellen, dass es anstrengend war. Zum einen die Technik: Zwischendurch flog immer mal ein Kind raus, das ich dann wieder reinlassen musste. Ich hätte einen Assistenten gebrauchen können, der die ganze Technik für mich managt. Und zum anderen das Zusammensein: Die Resonanz fehlte mir. Kein gemeinsames Lachen.. Und wie kommt das Buch eigentlich an? Wenn ich mit den Kindern zusammen bin, kann ich in Sekundenschnelle erfassen, ob die Kinder konzentriert sind und etwas verstanden haben. Jetzt aber habe ich für viele vorgelesen und war trotzdem mit der Geschichte allein. Dann sah ich ab und an mal ein Kind verschwinden oder mit Lego spielen. Wie viel davon lasse ich zu? Vielleicht ist ja das Beschäftigen nebenbei für einige Kinder hilfreich und sie können sich besser konzentrieren? Aber wie kann ich das auf die Distanz einschätzen? Gar nicht, sage ich mir – und: „70% ist das Paradies!“
Online-Meetings sind auch für mich als Teilnehmerin hin und wieder herausfordernd. Guck ich jetzt mich an oder wen eigentlich? Ich stelle mir vor, dass es für Kinder eine umso größere Herausforderung ist, mir zu folgen und nebenbei noch alle Mitschüler und sich selber auf den Bildschirmen zu sehen. Sich trotz all der Möglichkeiten, die der Computer bietet, mit Grammatik zu beschäftigen, ist schon hohe Schule.
Wie kann ich jenen Kindern helfen, die Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren, denen es schwer fällt, dabei zu bleiben? Ich hoffe, dass mir die Körperübungen, die ich mit den Kindern in der Schule gemacht habe, auch jetzt weiterhelfen. Vielleicht fällt es den Kindern sogar leichter, wenn sie sich nicht beobachtet fühlen. Ich bin gespannt.
Nun nutze ich die Ferien, um mir zu überlegen, wie ich eine Deutschstunde auf Distanz durchführen kann. Welche Spiele lassen sich trotzdem spielen? Und die Technik muss ich vorher auch noch mal üben: Wie kann ich denn nun einen Raum einrichten? Wie geht noch mal das Teilen des Bildschirms? Und welche der Übungen lassen sich überhaupt gut vor dem Computer machen? Neben all der Anspannung, ob es etwas wird, bin ich auch neugierig und freue ich mich auf neues, unbekanntes Land.
Johanna Etzold
Lernbegleiterin, Psychologin und Mutter von drei Kindern
Vermittlungsteam von Empathie macht Schule
Titelphoto: privat